steuertafelEin Kompass zeigt nach Norden, fast jedenfalls. An einem Strich am Kompass, der genau in Schiffsrichtung zeigt lesen wir den Kurs ab. Fast jedenfalls.  An Bord der LAND IN SICHT ist ein Steuerkompass und ein elektronischer Sensor für den Autopiloten angebracht. Während für den (magnetischen) Steuerkompass in der Theorie klar ist, wie er nach den Regeln der Navigation durch Missweisung und Ablenkung zu korrigieren ist, scheitert es in der Praxis an der fehlenden Ablenkungstabelle.

Für den elektronischen Kompass wird mir trotz Lektüre der Bedienungsanleitung nicht klar, was genau der elektronische Kompass anzeigt. Es soll für den Steuerkompass eine Ablenkungstabelle aufgestellt werden und es soll herausgefunden werden, was der elektronische Kompass anzeigt.

Außerhalb von Unterrichtsräumen für Navigation habe ich selbst niemanden getroffen, der das Rechenschema der Navigation in der Praxis anwendet. Am GPS wird geguckt, ob der Wegpunkt erreicht wird. Der Steuerkompass ist nur Hilfe, zum Kurshalten. “Recht so” wird gerufen, wenn der GPS-Kurs stimmt, ganz unabhängig vom Wert am Kompass selbst. Dabei sind die Differenzen zwischen den analogen Ablesungen von Kompass oder Logge und den digitalen am GPS wie Kurs (COG) und Geschwindigkeit (SOG) mitnichten “Fehler”, sondern sie geben wertvolle Informationen über Abdrift und Strom. Darum möchte ich den Kompass so genau wie möglich kennenlernen und eine Ablenkungstabelle erstellen.

Das Rechenschema der Navigation ist noch in der Erinnerung:

(1)    MgK + Abl + Mw = rwK

Dabei sind MgK der abgelesene Kurs am Magnetkompass, Abl die zum Kurs und Kompass zugehörige Ablenkung (aus der Tabelle, die ich nicht habe!), Mw die am Ort meiner Ablenkung aktuelle Missweisung, die auf alle magnetsichen Messungen einwirkt und rwK der wirklich zum geografischen Nordpol weisende Kurs.

Will man die Ablenkung herausfinden, muss Formel (1) in diese Form umgestellt werden:

(2)    Abl = rwK – MgK – Mw

Um eine Ablenkungstabelle selbst aufzustellen muss die Gleichung einer  hinreichenden Menge von Messwerten gelöst werden. Die Missweisung ist für die Dauer der Messung konstant und wird der Seekarte entnommen (zurücklegen nicht vergessen!). Es bleiben also noch  der Magnetkompasskurs und der rechtweisenden Kurs.  Sie werden oft, z.B. alle 10° also 36 Mal gemessen.

Das GPS kann helfen, diese Werte zu finden. Es zeigt in Fahrt den Wert COG (Course over Ground) an. Vom COG ist zwingend der Wind- und Stromeinfluss abzuziehen, um einen rechtweisenden Kurs zu erhalten. Das ist nicht genau genug möglich. Darum kann das GPS zur Kompasskontrolle nur dann benutzt werden, wenn davon ausgegangen werden kann, das es keinen Wind- oder Stromeinfluss gibt!  Ein windstiller Tag, an dem kein Strom setzt ist also ideal hierfür. Im Moment der Ablesung muss das Schiff ausreichend Fahrt in eine konstante Richtung machen, denn GPS-Geräte “dämpfen” die Anzeige, damit die nicht zu stark springt.

Ist eine Auswertung mit GPS nicht möglich, (wegen Strom z.B.)  so kann auf eine Methode ohne GPS zurückgegriffen werden, das Peilen. Das Rechenschema darf für Kurse und Peilungen angewendet werden. Formel (1) lautet für Peilungen:

(4)    MgP + Abl + Mw = rwP

MgP ist die Peilung über den Kompass, rwP die rechtweisende Peilung.

Beim Peilen sind Wind- und Stromversatz egal, denn sie haben keinen Einfluss auf den Unterschied zwischen rwP und MgP. Zum Peilen muss eine Peilmöglichkeit am Kompass selbst, oder eine Peilscheibe vorhanden sein, dies haben leider nur wenige Schiffe, sie ist teuer man verlangt mehrere hundert Euro dafür, also muss man tief in die Tasche greifen, oder improvisieren und selbst basteln. In der Palstek ist beschreiben, wie man eine Peilscheibe baut.

 “de luxe” – Peilen findet an einem Deviationsdalben statt. In Heiligenhafen z.B. steht ein Dalben 2015-10-27 00.34.48südlich des LF Flügge (nicht im Bild). Ohne Dalben muss gewährleistet sein, das die Peilung nicht auswandert, man darf also nicht zu weit fahren (oder vertrieben werden).

 

Mit der gekauften oder gebastelten Peilscheibe oder der Peilvorrichtung am Kompass wird am Dalben oder auf See 36 mal ein Objekt an Land  gepeilt, also alle 10° auf der Scheibe oder Kompass. Es wird eine Tabelle angefertigt, sie enthält die Spalten SP, MgK, MgP und Abl.

Mit einer Peilscheibe können Objekte durch Ihre Seitenpeilung “SP” beschrieben werden. 0° ist recht voraus, 90° StB querab usw. Ist also keine Peilung über den Kompass möglich, so wird aus der Ablesung des Magnetkompasskurses und der Seitenpeilung die benötigte Magnetkompasspeilung errechnet.

(5)    MgP = SP + MgK

Es verbleibt in der Tabelle die Spalte Abl, die errechnet werden muss. Wir ersetzen in der Formel (2)  das Wort “Kurs” durch Peilung, denn bei einer Peilung über den Kompass sind die Gesetzmäßigkeiten ebenso wir für die Ablesung eines Kurses zu beachten.

(6)    Abl = rwP – MgP – Mw

Da in (6) für alle 36 Messungen die Werte für rwP und Mw konstant sind  können Rechenschritte gespart werden und einmal die missweisende Peilung ( mwP = rwP  – Mw) ausgerechnet werden, die Formel lautet dann:

(7)    Abl  = mwP – MgP

Mit den gefundenen werten können wir nun grafisch die Kurve der Ablenkung zeichnen. (s.u.)

Der Schattenwurf eines Objektes kann zur Kompasskontrolle benutzt werden. Man nimmt einen schmalen Stift, der mittig auf einer Peilscheibe fixiert ist. Er wirft auf die Gradskala einen Schatten. Die Peilscheibe wird exakt mit 0° in Schiffsrichtung ausgerichtet und sämtliche Überlegungen von oben werden analog angewendet. Fast jedenfalls.

Anstatt einem feststehenden Peilobjekt auf der Erde peilen wir mit dem Schatten der Sonne, die sich bewegt.

Am Beispiel des Äquators soll überschlagen werden, wie stark die Sonne  wandert. Zwischen dem Sonnenaufgang im Osten um 06.00 Uhr und Sonnenuntergang im Westen um 18.00 Uhr wandert hier die Sonne mit 180° in 12 Stunden, verändert sich also alle 4 Minuten um 1°.

Das Astronomical Applications Department hat dankenswerterweise eine Tool online gestellt, mit dem wir für jeden Orte eine sekundengenaue  Tabelle des Azimuts der Sonne erstellen lassen könne.

In Astronomie geübte Menschen werden sicher den Azimut eines Gestirns berechnen können, ungewöhnlich ist jedoch nach dem (um 180° verschobenen) Winkel zu fragen, den der Schatten des Gestirns wirft.

Dies haben die Australischen Kompass Adjusters mit Ihrem DIY – Projekt bestechend einfach gelöst. Sie haben eine “gegenläufige” Peilscheibe veröffentlicht. Hier wird die 0° – Richtung ist Schiffsvorausrichtung angebracht, aber die Werte auf der Scheibe steigen links herum und nicht wie auf dem Kompass rechts herum. Dies erspart die Umrechnung von Richtung des Schattenwurfes und Richtung der Peilung zur Sonne um den Betrag von 180°

Die Aufnahme der Messreihe ist der terrestrisch Methode ähnlich. Es  wird 36 mal gepeilt, das Schiff also so ausgerichtet, dass der Schatten auf alle Werte 0, 10°, 20°, …. fällt. Es wird eine Tabelle angefertigt, sie enthält die Spalten SP, MgK, MgP, Uhrzeit, mwP und Abl.

Nach der Aufnahme der Werte wird für jede Messung die MgP (wie oben aus SP+MgK) errechnet.

Zu Hause oder beim nächsten WLAN – Zugang wir die Internettabelle abgerufen. Sie wird für den Ort und Tag der Messung individuell erstellt. Aus Ihr werden für alle Zeitpunkte der Messung die jeweiligen Azimute (rechtweisende Peilungen) zur Sonne entnommen und in die Auswertungstabelle eingetragen. Fehlerquelle Zeitzonen beachten!

Diese 36 Peilungen werden in die Tabelle übernommen, weiter werden für alle 36 Messungen die missweisenden Peilungen (wie oben) mwP = rwP  – Mw bestimmt.

Jetzt können für alle Messpunkte die Ablenkungen errechnet werden.

Abl  = mwP – MgP

 

Aufstellen von Tabellen und Grafik

Gleich, welche Methode wir gewählt haben, nun kennen wir 36 Wertepaare aus Magnetkompasspeilung und der dazugehörigen Ablenkung.

Werden Sie in das Koordinatensystem eingetragen müssen sie eine mehr oder weniger verzerrte sinunsförmige Kurve ergeben. Bei starken Sprüngen ist es angezeigt, die Messung zu wiederholen. Werden die Messpunkte mit einer “schönen Kurve” miteinander verbunden, so ist die Grafik fertig zur Benutzung.

Es sollen zwei unterschiedliche Aufgaben mit der Grafik gelöst werden.

  • Umwandeln MgK -> mwK,
    auf der horizontale Achse Wert für MgK suchen, senkrecht nach oben bis zur Ablenkungskurve gehen und Wert Abl ablesen.
  • Umwandeln mkW -> MgK,
    auf der horizontale Achse Wert für MgK suchen, der schräg durch diesen Punkt gehenden Linie folgen und an dem Schnittpunkt zur Ablenkungskurve den Wert ablesen.

Wem das grafische Verfahren nicht liegt, der kann auch mit Tabellen arbeiten. Sind die gefundenen Werte für die Abl >7° so sind um den Fehler klein zu halten zwei Tabellen aufzustellen.

  • Wer aus dem ersten Szenario alle Werte in eine Tabellenform bringt hat eine Ablenkungstafel für die Berichtigung des MgK zum  mwK erstellt.
  • Wer aus dem ersten Szenario alle Werte in eine Tabellenform bringt hat eine Steuertafel  für die Berichtigung des mkW zum  MgK erstellt.

 

Links:

  • <http://www.raceoffice.org/data/5011806963.pdf>
  • <http://www.compassadjuster.com.au/images/compass_card.pdf>
  • <https://www.palstek.de/system/articles/pdfs/000/006/106/original/Peilscheibe_profi.pdf>
  • <http://shs-goettingen.de/downloads-Dateien/astronav.pdf>
    • <http://aa.usno.navy.mil/data/docs/AltAz.php>